Barfuß unter Blutegeln – Wanderung zu den Bananenwasserfällen (Air Terjun Pisang)
Auf unserer Wanderung zu den Bananenwasserfällen (Air Terjun Pisang) durchquerten wir Flüsse und wanderten barfuß durch den Dschungel – Blutegelalarm!
Die Wanderung zu den Air Terjun Pisang (dt. Bananenwasserfällen) reizte mich aus zwei Gründen: 1. Der lustige Name der Wasserfälle, 2. Die Wanderung sollte mehrere Flussüberquerungen beinhalten.
Es war eine spontane Idee, die mir nach einer kurzen Googlesuche an einem freien Nachmittag kam, als mich die Abenteuerlust packte. Die Wasserfälle sollten nicht zu weit außerhalb von Kuala Lumpur sein, sodass wir den Wanderweg in 45 Minuten mit dem Auto erreichen konnten und er sollte nicht schwierig, nur 1.5 km lang, sein, sodass ich Pierre überreden konnte mitzukommen.
Wir schmissen kurzentschlossen unsere Adventurepacks (fertig gepackte Rucksäcke mit allem, was man im Dschungel zum Überleben braucht) und ein paar Handtücher ins Auto und fuhren los.
Der Beginn des Weges sollte nahe eines Wasserwerkes im Kampung (= Dorf) Gombak sein. Google Maps führte uns zum Dorf, wo wir uns durch fragten bis zum Wasserwerk, wo uns ein Wächter erklärte, dass wir direkt vor dem Werk den Fluss überqueren müssten und dann dem Trampelpfad am anderen Ufer folgen, bis wir zu dem Tunnel kommen, der unter der Autobahn hindurch führt und von dort einfach immer den Fluss entlang, bis wir zum Pisang Wasserfall kommen. Klang simpel genug.
Allerdings hatte es die Tage vorher viel geregnet und der Wasserstand war höher als normal, sodass die erste Flussüberquerung bereits zur Herausforderung wurde.
Das Wasser war zwar nur knietief, bzw. für mich als kleinen Menschen fast hüfttief, aber hatte ordentlich Strömung und viele große, lose Steine im Flussbett, die mit glitschigem Moos bewachsen waren.

Pierre ging als erster in seinen Flipflops und holte sich eine nasse Hose, als er auf einem rollenden Stein abrutschte. Danach zog ich meine Wanderschuhe aus und tastete mich barfuß voran durchs braune Wasser, ohne zu sehen, was unter mir ist. Ich schaffte es, ohne von der Strömung umgerissen zu werden oder abzurutschen, aber es war ein gefährlicher Balanceakt, auf den ich mich für den Rückweg nicht freute.
Ich zog meine Stiefel wieder an und wir folgten dem Trampelpfad durchs Grüne, wo lauter kleine Eidechsen im Gras herum huschten und die Schmetterlinge uns um die Nase flatterten. Wir mussten noch ein paar Mal am Rande des reißenden Flusses von Stein zu Stein springen, da der Weg am Rande des Flusses überflutet war. Uns machte das aber großen Spaß!

Der Weg führte uns zu dem besagten Autobahntunnel, wo bereits einige Dorfbewohner chillten und uns bestätigten, dass wir von hier aus weiter dem Fluss folgen sollten, um zum Bananenwasserfall zu kommen.
Der Fluss floss durch den Tunnel, den wir durchqueren mussten. Am Rande des Tunnels führte ein schmaler Vorsprung über dem Wasser entlang, auf dem ich balancierte, um meine halbhohen Stiefel nicht einzuweichen, was sie für den Rest der Wanderung zu schwer machen würde. Es war ein weiterer glitschiger Balanceakt, diesmal mit der zusätzlichen Schwierigkeit, dass es in der Mitte des Tunnels komplett dunkel ist, ich mich als blind vorwärts tasten musste. Fledermäuse flatterten auf, als wir den Tunnel betraten.

Pierre ging in seinen Flipflops direkt durchs Wasser, weil er sowieso schon nass war und nicht riskieren wollte, von dem schmalen Vorsprung abzurutschen und sich dabei zu verletzen. Uns beiden war jedoch etwas mulmig im Dunkeln blind durch den feuchten Tunnel zu waten, wo wir eventuelle Schlangen, die sich gerne in und am Wasser aufhalten, nicht sehen können würden.
Während ich gerade daran dachte, dass es in Tunneln vielleicht nicht nur Schlangen, sondern auch Spinnen gibt, in dessen Netze ich wahrscheinlich gleich stolpern würde, klatschte plötzlich etwas Glitschiges gegen mein Bein. Reflexartig sprang ich von dem Vorsprung ins Wasser, um dem angreifenden Tier zu entkommen. Ich stolperte vorwärts bis ich wieder ins Licht kam, wo sich der glitschige Angreifer als harmloser Frosch entpuppte, der sich noch an meinem nackten Bein festhielt. Mit einem Sprung hüpfte er zurück in den Fluss und schwamm davon, während ich Pierre lachend zeigte, wer mich erschreckt hatte.

Meine Stiefel hatten sich bei der Fluchtaktion komplett mit Wasser gefüllt und hingen nun wie Steinklötze an meinen Füßen und ich begann meine Schuhwahl zu bereuen. Ich hatte keine andere Wahl, als die Stiefel auszuziehen und zum Trocknen über meinen Rucksack zu hängen.
Da die Dorfbewohner auch barfuß gewesen waren, machte ich mir keine zu großen Sorgen, den Rest des Weges auch ohne Schuhe zu gehen. Wir wateten eine Weile im Fluss, wo das Wasser flach genug war und kletterten dann an Land, als es tiefer wurde. Es war ein angenehmes Gefühl barfuß durch den Dschungel zu laufen und wir kamen rasch bei einem kleinen Campingplatz an, der jedoch seit einiger Zeit verlassen aussah.


Hinter dem Campingplatz führte ein Pfad tiefer in den Wald, während der Fluss zu tief war, um in ihm zu gehen, also folgten wir dem Pfad in der Hoffnung, dass er uns nach einer Biegung zurück zum Fluss und dann zum Pisang Wasserfall führen würde, der nicht mehr weit entfernt sein musste.
Wir gingen den recht überwachsenen Pfad entlang tiefer in den Wald, doch da begann Pierre hinter mir zu fluchen und dann den Weg zurückzurennen. Ich kannte diese Reaktion von ihm von vorherigen Wanderungen und blickte an meinen nackten Beinen herab. Und tatsächlich: Blutegel!
Sie krochen überall auf dem Boden entlang und mehrere hatten sich bereits heimlich an meinen nackten Füßen und Beinen festgebissen.

Ich machte kehrt und lief zurück den Pfad entlang, bis ich Pi beim Campingplatz wieder fand, wo er dabei war, seine Blutegel mit einem Feuerzeug abzubrennen. Ich setzte mich neben ihn auf einen umgekippten Baumstamm und nachdem wir uns versichert hatten, dass es dort nicht mehr vor Blutegeln wimmelte, holte ich mein Salz aus dem Adventurepack. Ich streute Salz auf meine Blutegel, die daraufhin sofort abfielen, besprühte die Bisswunden mit Desinfektionsspray und klebte wasserfeste Pflaster auf die blutenden Stellen. Dann verarztete ich Pierres Bisse auf dieselbe Weise.*
* Ich habe vielerorts gelesen, dass man Blutegel nicht mit Salz oder Feuer entfernen soll, weil sie sonst Blut zurück in die Wunde spucken und dadurch Infektionen verursachen können. Sicherer ist es, entweder 20 Minuten zu warten, bis sie sich vollgesaugt haben und von alleine abfallen oder sie mit dem Fingernagel vorsichtig abzulösen. Ich persönlich finde die letzteren beiden Methoden in der Praxis eher unpraktisch, da ich die Blutegel nicht an meinem Körper behalten und weiter Blut saugen lassen will, auch wenn es nicht viel ist. Das Ablösen mit dem Fingernagel würde ich machen, wenn ich den Blutegel erst zuhause entdeckte und Zeit dazu habe. Wenn man aber in einem Gebiet ist, wo es viele Blutegel gibt, klettern in der Zeit, wo man einen Blutegel mit dem Fingernagel abgelöst hat zehn neue Egel an einem hoch und saugen sich fest, daher benutze ich Salz oder Moskitorepellent, das sie sofort abfallen lässt. Infektionen oder Jucken hatte ich danach bisher nie, aber das war vielleicht nur Glück. Geht also lieber kein Risiko ein, wenn es möglich ist, sie auf sichere Weise zu entfernen.
Wir besprachen uns kurz und beschlossen, die Wanderung hier zu beenden, da Pierre nicht noch einmal mit Flipflops durch das Egelgebiet gehen wollte und ich auch nicht besonders scharf darauf war, mit nackten Füßen und Beinen nochmal durch das Blutegelfeld zu rennen, das sich vielleicht den ganzen restlichen Weg bis zum Pisang Wasserfall erstreckte.
Stattdessen suchten wir uns eine seichte Stelle im Fluss und picknickten auf einem Stein und spielten eine Weile im Wasser, wo ich einen herzförmigen Stein und einen alten Löffel fand, den ich Pierre scherzhaft schenkte. Er lachte und freute sich über beides und nahm sie mit nach Hause als Erinnerung an den Tag.

Dann zogen Gewitterwolken auf und wir machten uns auf den Rückweg, bevor es regnen und das Wasser weiter steigen würde.
Als wir den Fluss auf dem Rückweg wieder überqueren mussten, zog ich diesmal meine Stiefel an, die ja ohnehin schon nass waren. Wir gingen gleichzeitig und hielten uns auf einer Seite an den Händen, um ums gegenseitig mehr Halt in der Strömung zu geben. Diesmal rollte ein Stein unter meinem Fuß weg und ich tauchte halb ein, aber Pierre zog mich wieder hoch, bevor ich komplett den Halt verlor und ich fing ihn im Gegenzug von hinten auf, als er auf einem Moos bewachsenen Stein abrutschte. Zusammen schafften wir es sicher zurück auf die andere Seite.
Als wir beim Auto ankamen, fing es an zu regnen. Wir setzten uns unter die Kofferraumklappe, wickelten uns in trockene Handtücher und aßen glücklich und zufrieden die Bananen (= Pisang), die wir für die Bananenwasserfälle mitgenommen hatten. Pierre fütterte ein paar neugierige wilde Hühner* und ich spielte mit einer streunenden Katze, die sich unter unserem Auto vor dem Regen verstecken wollte.
*In Malaysia gibt es wildlebende Hühner, die fliegen können und im Dschungel wohnen.

Zwar haben wir den Pisang Wasserfall nicht erreicht, aber es war ein spaßiges Abenteuer.
“Der Weg ist das Ziel” ist ein wahres Sprichwort. Manchmal reicht es, sich barfuß in einen Fluss im Dschungel voller Blutegel zu stürzen, um Spaß zu haben. Wer braucht schon einen Bananen-Wasserfall?
Wir haben Neues gelernt, Spaß zusammen gehabt, Schätze gefunden und gemeinsam kleine aufregende Momente erlebt. Mehr braucht es nicht für eine perfekte, spontane Nachmittagswanderung!
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